Ein halbes Jahr ist es jetzt her, dass in NRW und Rheinland-Pfalz die Flüsse über die Ufer getreten sind und für eine unfassbare Verwüstung gesorgt haben. Ihr erinnert euch sicher an meinen Spendenaufruf. Meine Familie, die in NRW wohnt, war nicht direkt betroffen – aber wir kennen einige Menschen, die alles oder sehr viel verloren haben.
Mein Lied „(53520) Schuld“ entstand zum Teil schon vor diesen Ereignissen, aber wie so oft ist es dann plötzlich zu einer Art traurigen Prophezeiung geworden. Ich habe den Titel geändert, ein paar Zeilen dazu geschrieben und dank euch konnte ich mit „Schuld“ über GoFundMe knapp 4500€ sammeln, die ich dann an Menschen gespendet habe, die sehr stark von der Flut betroffen waren.
Da ich keine Organisation bin, die so etwas tagtäglich macht und ihr mir euer Geld anvertraut habt, ohne nachzufragen, wohin es eigentlich geht, habe ich immer wieder Updates geschrieben. Ihr könnt diese Updates nach wie vor auf meinen Socialmedia-Kanälen finden.
Jetzt möchte ich noch einmal einen abschließenden Überblick geben. Außerdem möchte ich euch von meinem Besuch bei meiner Familie in Bad Münstereifel berichten. Eine Stadt, in der ich als Kind so viel Zeit verbracht habe und deren historischer Stadtkern, durch den die Erft normalerweise kaum hörbar fließt, kaum wieder zu erkennen ist.
Bad Münstereifel
Überall da, wo gepflasterte Gassen durch das beschauliche Zentrum geführt haben, sieht es aus wie auf einer riesigen Baustelle. Meine Mutter erzählt mir, dass dort, wo jetzt immerhin wieder matschiger, begehbarer Boden ist, unmittelbar nach der Flut nur große Gräben waren. Der Fluss hatte sich in kürzester Zeit gewaltvoll ein neues, riesiges Bett gegraben.
An den Häusern sieht man, wie hoch das Wasser stand. Ich lehnte an einem großen Schuttcontainer, als mir auffiel, dass in einem Video von Freunden genau so ein Container von der Wucht des Wassers durch die ganze Stadt gespült worden war (mein Versuch ihn zu bewegen, nur um die Dimension zu begreifen, scheiterte natürlich kläglich). Das, was von den Straßen übrig ist, wird aufgerissen, weil alles neu gemacht werden muss. Die Mauern entlang der Erft, dem kleinen Bächlein, das längst wieder zu einem Rinnsal zusammengeschrumpft ist, sind alle kaputt. Alle Läden sind nach wie vor geschlossen, man wartet auf Fachkräfte und Geräte.



Hoffnung im Chaos
Neben all dieser Ernüchterung, dass nach so einem Chaos die Normalität nicht nach einer Woche zurück sein kann, gibt es auch Hoffnung. Schilder von Ladenbesitzern, die sich bedanken und darauf hinweisen, dass dies bereits der Neuanfang ist. Handwerker, die ihr Bestes geben. Ein einziges offenes Geschäft und ein offenes Café (dazu muss man wissen, dass Münstereifel eine Outlet-Stadt ist und es dort sehr viele kleine Geschäfte und Cafès gibt). Menschen, die trotz dieser Situation spazieren gehen und die Stadt so nehmen, wie sie gerade ist.
Das Outlet, dass für Bad Münstereifel vor allem auch wirtschaftlich wichtig war, ist komplett geschlossen und man hat die Touristen quasi ausgeladen. Ich finde das angemessen. Man muss sich erst einmal neu sammeln, neue Kraft schöpfen, sich vom Schreck erholen.
Letztendlich habe ich eure Spenden an sechs Personen bzw. Haushalte verteilt. Da war die Besitzerin eines schönen, kleinen Bioladens in der Münstereifeler Fußgängerzone, der immer noch renoviert wird. Eine Künstlerin aus einem Nachbardorf, die ihr komplettes Haus, das schon ihren Eltern gehörte, verlor. Eine Krankenschwester aus Ahrweiler, die bereits durch die Coronakrise hindurch übermenschliches geleistet hat und zwei befreundete Familien aus Nachbardörfern, deren untere Stockwerke quasi davon geschwommen sind. Und ein befreundeter Musiker, der seine gesamte Musikinstrumentensammlung verloren hat.
Auch wenn die Spenden, so undankbar das erst einmal klingen mag, sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein waren, so war die Dankbarkeit doch unfassbar groß und ich will diese Dankbarkeit an dieser Stelle einfach nochmal an euch, die Spender, weitergeben.
Danke, dass ihr meine Lieder zu etwas Gutem macht
Wenn ich mit meiner Musik nur einen kleinen Teil dazu beitragen kann, dass diese Welt ein besserer Ort wird, dann bin ich auf dem richtigen Weg – das sag ich immer wieder. Ich glaube fest daran, dass humanistische Kunst und Musik uns als Menschen verändern können. Das habe ich schon mit elf Jahren gespürt, als ich am Klavier saß und mein erstes kindlich naives Antikriegs-Lied geschrieben habe. Musik ist mein Leben – aber sie ist auch Mittel zum Zweck. Jede Musik verfolgt eine bestimmte Richtung und wer behauptet, Musik sei von Grund auf „gut“ und „friedfertig“, der irrt. Man muss sie dazu machen. Das geht aber natürlich nur, wenn sie wahrgenommen wird – und ich danke euch dafür, dass ihr mein Lied wahrgenommen habt und mir geholfen habt, dass etwas Gutes daraus entstehen konnte.
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