Und Herzlich willkommen 2023.
Du bist mir irgendwie vertraut und ich weiß ganz genau woran das liegt: schon mit dem Beginn des letzten Jahres habe ich an dich gedacht, dich geplant und herbeigesehnt. 2022 war das Jahr, das mich hat abwarten lassen. Durch die Finger hindurch schauen was passiert, nichts oder zumindest nicht zu viel erwarten. Vieles erschaffen, das Meiste davon zurückhalten. Und so ist es dann auch zu Ende gegangen.
Nein, ich habe nicht „Social Media gefastet“, aber erleichtert festgestellt, dass ich nicht fasten muss, um darauf zu verzichten. Ich bin still geworden, weil mir die richtigen Worte fehlten und weil ich mich oft allem „entgegen“ gefühlt habe. Vielleicht kennt ihr das?
Entgegen der Weihnachtszeit, der Ruhe und schließlich entgegen dem Lärm – ach, Böllerverbot, du warst so schön – ich habe ja noch nie einen großen Knall gebraucht.
Und so beginne ich dieses Jahr auch anders, als es scheinbar erwartet wird. Mit einer Geschichte, die so gar nicht richtig an den Anfang eines so neuen Jahres passen will, da mit ihr etwas zu Ende geht. Oder passt sie gerade deshalb besser, als jede Andere?
Ihr ahnt es schon: Ich habe viel geschrieben. Besonders im Dezember. Da war dieses eine Lied, was von vornherein nicht nur für mich bestimmt und deshalb habe ich versucht es für euch einzufangen. Es ist tatsächlich eines dieser Lieder, die man fangen muss – du musst es einfangen und nicht umgekehrt. Aber wenn man es gefangen hat, dann bleibt es.
Es ist wahrscheinlich das persönlichste, vielleicht das beste Lied, was ich bis jetzt geschrieben habe. Vielleicht, weil ich es in Bachs „Schafe können sicher weiden“ verpackt habe (dieses eine Stück, was ich mit auf die einsame Insel nehmen würde). Vielleicht, weil ich es tatsächlich gar nicht selbst geschrieben habe, sondern es durch mich geschrieben wurde. Das sage ich in größter Demut und fern jeder Esoterik. Manchmal habe ich einfach das Gefühl, dass noch eine andere Instanz an meinen Liedern mitschreibt – ohne Vorankündigung oder Gewähr auf Regelmäßigkeit. Natürlich.
In diesem Fall wäre das wohl mein Großvater gewesen. Wenige Tage bevor „Auf Wiedersehn“ zu mir kam, war er gestorben. Innerhalb eines Jahres hat meine Familie beide großväterlichen, um nicht zu sagen patriarchalen Säulen verloren. Für mich ein Moment, der große Veränderungen ins Rollen brachte.
Vor allem aber hat er in mir eine Denkspirale ausgelöst, die, wenn sie einmal begonnen ist, alles andere in den Schatten stellt und mich den ganzen Rest oft irritiert betrachten und hinterfragen lässt:
Wie will ich dieses Leben, diesen Schatz, der mir gegeben wurde, nutzen?
Und wo gehen wir hin, wenn wir endgültig gehen?
Warum sind Abschiede immer schmerzhaft, auch wenn man sie lange vorhersehen kann?
Ich habe keine Ahnung. Aber in diesen zwei Angelegenheiten bin ich mir sicher: Kein Abschied ist für immer – und 2023 wird ein anderes Jahr. Ein besonderes Jahr. Was auch immer das bedeuten mag.
Diese Woche werde ich noch einige schöne Neuigkeiten mit euch teilen. Ich freue mich so sehr auf meine Tour und hoffe, euch irgendwo im Publikum zu sehen. Meine beiden Großväter sitzen jetzt jedenfalls immer in der ersten Reihe. Gästeliste. Bei jedem einzelnen Konzert.
Vielen lieben Dank für dieses wunderbare Lied. Ich liebe auch die Schafe-Arie sehr. Eine gelungene Symbiose!